Wer regelmäßig TikTok-Videos oder Instagram-Reels konsumiert, ist wahrscheinlich schon auf den Begriff „Talahon“ gestoßen. Dieser Begriff gewinnt in den sozialen Medien zunehmend an Bedeutung und beschreibt häufig ein bestimmtes Phänomen. In den entsprechenden Clips sind oft junge Männer mit Migrationshintergrund zu sehen, die durch auffällige Markenbekleidung, inszenierte Boxkämpfe und frauenfeindliche Äußerungen auffallen. Diese übertriebenen Darstellungen von Aussehen und Verhalten haben dazu geführt, dass „Talahon“ schnell zu einem beliebten Meme wurde. Es gibt sogar spezielle Memes, die humorvoll darstellen, wo „Talahons“ am häufigsten anzutreffen sind – wie etwa am Kirmes-Boxautomaten, dem eine Talahon-Spawnrate von 100 % zugeschrieben wird. Doch was steckt tatsächlich hinter diesem Begriff, und welche Bedeutung hat „Talahon“ wirklich?
„Talahon“ als Symbol für stereotype Jugendmerkmale
Beim „Talahon“ handelt es sich zunächst einmal um einen Neologismus, der sich nicht direkt übersetzen lässt. Vermutlich leitet er sich vom arabischen Ausdruck „taeal huna“ oder „Ta‘ Lahon“ ab, was „komm her!“ bedeutet. Ursprünglich ist dieser Ausdruck freundlich gemeint. Da sich Sprache stets im Wandel befindet, kann es zu derartigen Veränderungen der Wortbedeutungen kommen – denn freundlich gemeint ist dieser Jugendbegriff keineswegs. „Talahon“ beschreibt nämlich eine Gruppe von Jugendlichen, die durch stereotype Merkmale gekennzeichnet sind und Frauen gegenüber eher despektierlich auftreten. Diese Jugendlichen, meist mit Migrationshintergrund und im Alter von 15 bis 25 Jahren, bevorzugen Marken wie Gucci und Kenzo. An der Echtheit dieser Markenklamotten darf jedoch zurecht gezweifelt werden. Charakteristische Accessoires sind Bauchtaschen und dicke Goldketten. Was wie ein Klischee klingt, ist bittere Realität. Doch erst die gewisse Ernsthaftigkeit hat den Talahon als Meme für die breite Masse so unterhaltsam gemacht. Was man alles zu einem Talahon-Starter-Pack benötigt, um konkurrenzfähig zu bleiben:
- Gucci Cap
- Paris St. Germain Trikot
- Jogging-Hose
- Bauchtasche
- Tornadokick
- Mittelscheitelfrisur
Von einem Song zu einem Jugendkultur-Trend
Der Ausdruck „Talahon“, der einen bestimmten Personenkult beschreibt, hat aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Ursprung in der Musikszene. Im Song „Ta3al Lahon“ von Rapper Hassan findet sich die Textzeile: „Tahal lahon, ich geb’ dir einen Stich, bin der Patron.“ Man kann stark davon ausgehen, dass dieser Track den Kult um den Talahon ins Leben gerufen hat. Die Chronologie und das plötzliche Auftreten des Begriffs sprechen dafür, dass Rapper Hassan unfreiwillig zur Entstehung dieser neuen Jugendkultur beigetragen hat. Der Lifestyle, geprägt von übertriebenem Auftreten und spezifischen Verhaltensweisen, wurde dann durch Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube verbreitet und ließ den Trend wie ein Lauffeuer wachsen.
Der Musik-Clip von Hassan, der am 19. August 2023 auf YouTube veröffentlicht wurde, hat mittlerweile über 2 Millionen Aufrufe erzielt. Dies ist besonders bemerkenswert, da Hassan als Künstler nur weniger als 7.500 Follower hat. Diese Diskrepanz verdeutlicht, dass der Hype um den „Talahon“ vor allem durch den Song selbst und seine virale Verbreitung in den sozialen Medien ausgelöst wurde.
Wie konnte sich „Talahon“ so schnell verbreiten?
Die Verbreitung von „Talahon“ zeigt exemplarisch, wie sich kulturelle Phänomene schnell online ausbreiten können. Der Ausdruck wird in Videos verwendet, in denen junge Männer oft problematische Stereotypen und Verhaltensweisen darstellen. Dies führt zu einer kritischen Betrachtung, da „Talahon“ mit misogynen und toxischen Männlichkeitsbildern in Verbindung gebracht wird. Gleichzeitig befeuert eine derartig polarisierende Betrachtungsweise den Hype, was sich letztlich bei den Klickzahlen bemerkbar macht.
Man könnte den „Talahon“ als Gegenstück zum „Simp“ betrachten, da beide Begriffe unterschiedliche kulturelle Konnotationen verkörpern und gegensätzliche Verhaltensweisen sowie soziale Rollenbilder beschreiben. Während der Begriff „Simp“ jemanden bezeichnet, der übertriebenes Interesse und Zuneigung gegenüber einer Frau zeigt und oft als unterwürfig oder verzweifelt wahrgenommen wird, charakterisiert der „Talahon“ ein aggressives, provokantes Verhalten, das häufig mit misogynen Äußerungen einhergeht. In diesem Sinne repräsentiert „Talahon“ eine Art von Männlichkeit, die sich stark von der passiven Haltung des „Simp“ abhebt.
Einfluss von Memes, Musik und Jugendtrends
Die schnelle Verbreitung des Begriffs „Talahon“ ist das Ergebnis mehrerer miteinander verknüpfter Faktoren, die insbesondere durch die Dynamik der sozialen Medien und der Jugendkultur beeinflusst werden. Eine zentrale Rolle spielt die Viralität durch Challenges und Video-Trends auf Plattformen wie TikTok. Hier werden neue Trends oft durch virale Memes oder Herausforderungen populär gemacht. Nutzer erstellen Inhalte, die mit „Talahon“ in Verbindung stehen, und teilen diese mit ihren Followern. Das reicht von Talahon-Starter-Packs über Talahon-Spawnpunkte bis hin zu Talahon-Prototypen. Auch das bekannte Straßen-Tinder hat maßgeblich zur Verbreitung beigetragen. In diesem Kontext spielen Tinder und Social Media eine entscheidende Rolle, indem sie eine Art Synergie schaffen. Hier bewerten Frauen und Männer einander ähnlich wie auf einer Flirtplattform und entscheiden, ob sie an einem Date interessiert wären oder nicht. Gezeigt werden die Resultate dann auf YouTube.